Leider war dies nur eine Lösung von kurzer Dauer, denn Ihro königliche Hoheit konnte nicht an sich halten und knabberte die Salamipaste kurzerhand wieder aus dem Rostloch.
KleineBlume seufzte und zerrte an ihrer Kette. Sie schaute zu Sonnensprösschen hinüber, die von oben bis unten voll Ruß war. Die Kleine benötigte dringend eine Dusche.
„Hey Qualle, das war keine gute Idee!“ rief die Pflanze zu dem Nesseltier hinüber. Doch dieses war schon längst wieder abgetaucht. KleineBlume beobachtete, dass die Aquariumbewohnerin eine zierliche Geige aus einer Höhle hervorholte und wieder an die Wasseroberfläche kam. Die Qualle begann zu musizieren. Die Fiedelei klang richtig gut.
Die Blumen staunten. „Fehlt jetzt nur noch, dass uns Myjonda den Michael Flatley dazu macht!“ kicherte KleineBlume albern. „Michael Fatly?“ fragte Sonnensprösschen und kicherte ebenfalls.
Diesen Gefallen tat Ihro Königliche Hoheit den Umstehenden allerdings nicht. Sie wischte sich entschlossen die Salami- und Rostspuren von den Lippen und verdonnerte den verdutzten Ministerpräsidenten dazu, für die Reparatur ihrer Staatskarosse zu sorgen.
„Ja, aber…“ wandte Seehofer ein, doch Myjonda wischte jedweden Versuch eines Einwandes weg. „Feierabend jetzt! Lassen Sie den Wagen reparieren – und gleich auch säubern!“ Wütend betrachtete sie die Reste ihrer Gesichtsmaske, die immer noch den Kotflügel zierten.
„Äääh, Myjonda…“ – KleineBlume riss erneut an ihrer Kette. Sie hatte wenig Lust darauf, dass Sonnensprösschen und sie hinter dem Auto hergeschleift werden. „Schon gut.“ Ihro Majestät ließ die beiden Blumen von einem königlichen Palastwächter befreien.
Herr Seehofer stieg in das Staatsgefährt und machte sich auf den Weg, während KleineBlume und Sonnensprösschen zu Qualles Musik um den königlichen Fahnenmast tanzten. Wuffi hingegen schnarchte weiterhin friedlich vor sich hin und ließ sich von der musikalischen Darbietung nicht im Geringsten stören.
Es war nun fast dunkel, so dass man kaum mehr die Hand, geschweige denn das Blättchen und die Tentakel vor Augen sehen konnte. Die Qualle hielt kurz inne und schaltete die Nachtbeleuchtung an ihrem Aquarium ein. Die königlichen Palastwachen waren dabei, die Fackeln in und am Schloss zu entzünden. Auf einmal gab es einen kleinen Tumult.
„Ihre Majestät, Ihre Majestät!“ rief der Hauptmann der Palastwache. „Wir haben einen Eindringling festgenommen!“ Zwei der Wachleute kamen näher. Mit festem Griff führten sie eine Person mit sich.
„Aha!“ quietschte Myjonda. „Wieso hat der Wachhund sie nicht entdeckt?“ Sie warf einen Blick auf den immer noch schlafenden Wuffi und überlegte, ob sie ihn mit dem Fuß anstoßen sollte.
„Myjonda! Also ehrlich!“ japste die Gestalt. „Mich einfach so festnehmen zu lassen! Ich bitte dich!“
Ihro Fettleibigkeit kam die Stimme des Gefangenen ziemlich bekannt vor. „Nähertreten!“ befahl sie.
„Indiii!“ riefen die Blumen. Sie hatten die vertraute Stimme längst erkannt und mit ihrem Tanz gestoppt. Die Indianerin japste erneut. „Unverschämtheit“, sagte sie. „Da schickst du mich mit einem unseligen Auftrag zu deinem Cousin Balthasar Luipold, dessen größtes gesundheitliches Problem ein wenig Haarausfall ist und dann werde ich aus Dankbarkeit von deinen Palastwachen festgenommen!“
„Hm, tja… Jeder kann sich doch mal irren, nicht wahr?“ Myjonda ließ ein verlegenes Lächeln auf ihrem Gesicht erscheinen, was jedoch sogleich wieder verschwand. Sie klatschte in ihre Hände und die Palastwachen ließen ihre Gefangene frei. „Geht wieder an die Arbeit! Bewacht den Palast!“ befahl sie.
Die Palastwachen verbeugten sich zogen sich zurück.
Indianerin bedachte die Herrscherin mit einem bösen Blick, weckte dann Wuffi, winkte der Qualle und beschloss, mit den Blumen auf schnellstem Wege zu ihrem Tipi zu gehen. Auf dem Weg dorthin flüsterte sie den beiden Pflanzen zu: „Und zu Hause gibt’s Spaghetti!“ Sie traute sich nicht, dies laut auszusprechen - ungebetene Gäste wollte sie heute Abend nun wirklich nicht mehr anlocken…
Im Tipi entfachte die heilkundige Frau ein gemütliches Feuer. Dann setzte sie einen Kessel Wasser auf. Sie schob Sonnensprösschen zunächst zum Blättchenwaschen in das einfach eingerichtete Bad und setzte sie anschließend auf den alten Holztisch. Den Parmesan und das Geschirr stellte sie bereit und bat die Kleine, den Tisch zu decken. „Uff“, machte Sonnensprösschen und machte sich an die Arbeit. Sie zog an den aufeinandergestapelten Tellern und schob sie an die richtige Stelle.
„Und du, KleineBlume“, beauftragte Indianerin die andere Mitbewohnerin, „schaust mal nach, ob du doch ein Glas Spaghettisauce in der Vorratskammer findest.“
„Okaaay“, tat KleineBlume einen langgezogenen Seufzer. Sie hatte Hunger und war eigentlich recht mutig, hielt sich auch selbst für besonders unerschrocken. Doch mit den auf dem Vorratsregal gelagerten Ingredienzen konnte sie sich nicht anfreunden. Nichtsdestotrotz rollerte sie los und zog den ledernen Vorhang zur Seite. Schnell kniff sie die Augen zu, konnte aber nicht verhindern, dass ihr Blick auf eines von Indianerins Einmachgläsern fiel. Die darin eingelegten Augen starrten sie an und folgten ihrer Bewegung, als sie ein Stück nach links rollerte, um das nebenstehende, mit etwas Rotem gefüllte Glas zu ergreifen. „Ist das nun Sauce oder Blut?“ dachte KleineBlume. Sie konnte den Blick nicht von dem Behälter mit den Augen lösen. Die Augäpfel starrten zurück und KleineBlume hatte das Gefühl, dass sie sie genau beobachteten. Sie schnappte sich das Glas und ließ den Ledervorhang wieder vor das Regal fallen. „Ist das ekelhaft!“ murmelte sie. Und das erste Mal seit langer Zeit lief ein Schauder ihren dünnen, aber zähen Stängel herunter.
Neue Reizwörter:
Wald, Sendeschluss, abtrocknen, papua-neuguineisch
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