Eine halbe Stunde später bearbeitete KleineBlume einen der beiden vorderen Kotflügel. Sie schaute zum Einstieg hoch und fragte sich, wie Ihro Majestät und eventuell noch Herr Seehofer in diesem Wagen Platz finden sollten.
„Na ja, ist nicht mein Problem“, dachte die Pflanze und polierte verbissen weiter, bis es unter ihrem Lappen bröselte. „Ups“, machte KleineBlume und überlegte für einen kurzen Moment, ob sie das entstandene Rostloch unauffällig mit einem Kaugummi flicken sollte. Nein, das würde herauskommen, wenn Myjonda das Fahrzeug inspizieren würde - obwohl: Kann sich Ihre Vollschlankheit überhaupt noch so weit nach unten bücken, ohne nach vorne umzukippen?
Seufzend entschied sich KleineBlume dazu, das Staatsoberhaupt über den Schaden zu informieren: „Majestät, dein Auto hat Lochfraß!“
Myjonda fiel beinahe die Tafel Studentenfutter Zartbitter aus dem Mund und die Quarkmaske vom Gesicht. „Waaas?“ quietschte sie und erhob sich aus ihrem Strandkorb, hinter dem Wuffi bisher ein gemütliches Nickerchen gehalten hatte. Der schrille Ton riss ihn allerdings aus dem Schlaf. „Könnt ihr nicht ein bisschen leiser sein?“, murmelte er verschlafen. „Von dem Gekreische entwickle ich noch einen Reizdarm…!“
Wuffi verschwand murrend im Gebüsch.
Inzwischen war Myjonda zu ihrem Auto gewatschelt. Sie beugte sich nach unten, um den Schaden zu begutachten und KleineBlume und Sonnensprösschen beobachteten gebannt, ob sie wohl nach vorne umkippen würde oder nicht.
Nichts dergleichen geschah. Nur die Gesichtsmaske hatte sich von ihrem Bestimmungsort gelöst und Platz auf dem Kotflügel genommen. Entsetzt starrte KleineBlume dorthin: „Sollte sie diesen Schlamassel etwa auch noch wegputzen müssen?“ Zur Überraschung der Blumen holte Myjonda ein großes, altes, unförmiges Handy hervor.
„Passt perfekt zu ihr“, dachte KleineBlume und kicherte: „Gut, dass Myjo keine Gedanken lesen kann!“
Ihro königliche Hoheit wählte. Nach sich schier endlos dehnenden Sekunden nahm jemand am anderen Ende das Gespräch an.
„Hier ist Ihro Majestät Königin Myjonda“, hörten die Blumen die Herrscherin sagen. „Bin ich da richtig bei…?“ In dem Moment ertönte ein lauter Knall, weil auch Wuffi neugierig geworden war und bei dem Versuch, sich ungesehen an das Geschehen heranzuschleichen, gegen Myjondas persönlichen Tequila-Eimer getreten war. Die alkoholische Flüssigkeit ergoss sich über den Boden und Wuffis Fell.
Die königliche Hoheit warf dem alten Rüden einen eisigen Blick zu, babbelte dann aber weiter in ihr Handy: „Ja, ja - schnell, schnell! Ja, ein Rostloch! Bitte noch heute, nein - sofort! Es ist wichtig!“
Sie beendete das Telefonat und zischte Wuffi zu: „Wuffi, wenn du nicht einmal mehr geradeaus laufen kannst, ohne meine Nahrung - egal, ob flüssig oder fest - umzustoßen, dann stecke ich dich in ein Ledergeschirr!“
Den immer noch angeketteten Blumen blieb der Mund vor Staunen offen stehen.
Noch größer wurde ihr Staunen, als sich nach etwa vierzig Minuten weiteren emsigen Wienerns und Putzens unter den gestrengen königlichen Augen mit seltsamem Sirren ein Fahrzeug näherte. Wuffi hatte indessen sein Fell abgeleckt und mit der Zunge das Gras von Tequila befreit. Er roch wie eine Weinhandlung und torkelte mit einem „Hupsi!“ nach jedem Stolpern lustig über den Rasen.
Die Blumen kicherten, während Myjonda Wuffi immer wieder scharfe Blicke zuwarf. „Tschulli.. Tschulligung, Maje.. Majestät!“ nuschelte Wuffi und hickste.
„Ruhe jetzt mit ‚Hicks!‘ und ‚Hupsi!‘, sonst gibt’s eine Ladung Spezial-Hustensirup und dann ist Schluss!“ quiekte Myjonda in den höchsten Tönen.
KleineBlume grinste Sonnensprösschen an und flüsterte: „Sicher hat sie den Tequila noch angereichert, also mit noch mehr Alkohol.“
Sonnensprösschen wusste nicht so recht, was KleineBlume meinte, nickte aber professionell.
Wuffis Gehabe wurde uninteressant, als das seltsame Gefährt vor dem königlichen Strandkorb stoppte. Es erinnerte an eine Mischung aus Kutsche und Leierkasten. Statt einer Drehorgel war jedoch ein mehrere hundert Liter fassendes Aquarium auf den Unterbau mit Rädern aufgesetzt worden. In dem Aquarium saß eine Qualle, die ein Handy in den Tentakeln hielt.
Die Blumen vergaßen vor lauter Verblüffung und Spannung das Putzen. Die Qualle winkte ihnen zu, bevor sie sich ein Stück weit aus ihrem Becken erhob, um sich den Schaden am Auto anzusehen…
Neue Reizwörter:
Toilettenreiniger, sanfte Schwingungen, orange, Mini-Salamis
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