KleineBlume saß erneut in Myjondas Gruft fest: Zum einen wegen Majestätsbeleidigung und zum anderen wegen Briefmarkenfälschung in massivem Ausmaß.
Eine Verteidigung hatte nichts genützt. Dies lag aber wohl auch an der Art und Weise, wie KleineBlume diese vorgebracht hatte („Ja, aber wenn du wirklich Stinkefüße hast und man immer die Wahrheit sagen soll...“, „Ja, aber ich musste so viele Bücher verschicken in letzter Zeit, da hab ich halt Briefmarken gema.. äh, gebraucht...&ldquo.
„Wie lange muss ich hier noch siiiiiitzäääään?“ brüllte KleineBlume durch die Gitterstäbe, „Ich brauch Soooonnäää!“ „Noch sieben Tage und wenn du weiter so schreist, wird noch mal verlängert“, sagte eine dickliche Palastwache, die vor der Kerkertür Wache stand.
„Ich werd krank“, murmelte KleineBlume schmollend vor sich hin, als die Tür zu ihrem Verlies geöffnet wurde. Das Mittagessen kam. Der dicke Wachmann, der KleineBlume vom Aussehen her ein bisschen an Wuffi erinnerte, schob KleineBlume eine Schüssel mit Essen hin.
„Äääh, schon wieder ‘ne Seniorenmahlzeit!“ meckerte KleineBlume und berührte mit ihrem Blättchen misstrauisch eine breiige, graue Substanz, in der dunkelblaue Einsprengsel zu sehen waren und von der ein intensiver Heidelbeerduft aufstieg. „Ich kann’s auch wieder mitnehmen“, brummte der Wärter gelangweilt von KleineBlumes ewig gleicher Leier, schlug aber schließlich die Zellentür zu. Dann setzte er sich in Bewegung, um seinen Rundgang zu machen.
„Momeeent!“ schrie KleineBlume, der der Geruch auf einmal verdächtig bekannt vorkam. „Ist das nicht das Heidelbeer-Fußdeo, das die Indianerin für Myjonda angerührt hat?“ „Ja, genau!“ antworte der Wachmann ungerührt und ging seiner Wege.
KleineBlume glotzte angewidert in ihre Schüssel, tunkte dann erneut ihr Blättchen in den Brei und leckte die Substanz ab. „Schlüüürf… Gar nicht so übel!“
Auf einmal polterte etwas gegen die Gitterstäbe ihrer Gruft. KleineBlume rollerte blitzschnell zu der Fensteröffnung. „Hallo? Ist da wer?“ rief sie mit vor Aufregung piepsiger Stimme. Als Antwort prasselte eine Ladung Kieselsteine auf den Zellenboden.
„Huhu Bume! I bin hier“, ertönte ein wohlbekanntes Stimmchen.
„Sonnensprösschen!* Was machst du denn hier?“ wollte KleineBlume völlig perplex wissen. „Di retteee!“ kam die frohgemute Antwort zurück.
„Suuuper!“ erwiderte KleineBlume mit künstlicher Fröhlichkeit und echter Skepsis. „Wie willst du das denn machen?“
„Spiezeugauto!“ ließ die Lösung nicht lange auf sich warten. Man hörte ein Surren, dann ein Rums, dann ein „Au-e!“.
„Sonnensprösschen, alles ok?“ rief KleineBlume alarmiert. „Sprössje wehetan“, sagte die Kleine. „Schlimm?“ fragte ihre Mutter. Die Antwort blieb aus. KleineBlume umblättelte die Gitterstäbe und zog sich mit großen Anstrengungen nach oben. Sie konnte nichts erkennen. Der Blumentopf fiel von ihr ab und ihre Kräfte ließen nach. Mit langgezogenen Blättchen hing sie am Gitter. Kurz, bevor sie ihrem Topf nachstürzte, machte es: „Huhu!“
Vor KleineBlumes angestrengtem gelben Gesicht tauchte ein ebenso gelbes, aber weitaus entspannteres Gesichtchen auf. Sonnensprösschen hockte strahlend auf Indianerins Hand. Die Indianerin blinzelte KleineBlume und Sonnensprösschen verschwörerisch zu: „Na, dann wollen wir die Mama mal hier herausholen, oder?“
„Hmhm“, nickte Sonnensprösschen begeistert, während KleineBlume erschöpft auf den Steinfußboden rauschte.
„Alles klärchen, Blume?“
„Wieso Klärchen? Was macht die denn hier?“ KleineBlume sank in eine gnädige Ohnmacht…
*Sonnensprösschen ist KleineBlumes Sprössling, sie spricht allerdings nicht so gut wie KleineBlume.
KleineBlume, 08.04.2012
Neue Reizwörter: Sprengladung, Efeu, kuschelweich, kompliziertes Flechtmuster
(Post editiert am 10.04.2012 - 19:06) |