Weihnachten mit Tante Klärchen
"Königliche Hoheit Myjonda...." schrieb Tante Klärchen in ihrer gestochen scharfen Schreibschrift und überlegte, ob dies wohl die richtige Anrede wäre. Entschlossen blieb sie dabei, tauchte ihren Federhalter ins Tintenfass und schrieb weiter. Nach einiger Zeit hatte sie alle Einladungen fertig, tütete sie ein und machte sich auf den Weg zur Post.
Voller Vorfreude betrachtete sie ihre Einkaufsliste und ging ihren Besorgungen nach.
Eine Woche später hatte Klärchen schon Kekse gebacken. Es duftete herrlich und der Geruch von frischem Tannengrün hing in der Luft. Der Tisch war festlich gedeckt, aber Tante Klärchen blickte missmutig auf die Tanne, seufzte tief, griff sich noch einmal schnell in die Dauerwelllöckchen und schloss die Tür.
Kurz danach klingelte es an der Haustür.
Klärchen eilte zur Tür und riss sie mit Schwung auf. Draußen standen ihre Gäste. "Herzlich Willkommen!" rief sie erfreut,"Kommt herein in die gute Stube." Nacheinander traten Königin Myjonda, Wuffi, Extudor, Lotti und Indianerin ein, während die KleineBlume mit Schwung über die Türschwelle rollte und gerade noch vor Tante Klärchens riesiger Bodenvase abbremsen konnte. Alle begrüßten Tante Klärchen und dankten für die Einladung zur Weihnachtsfeier.
"Ja, ihr Lieben, es gibt nur ein kleines Problem...", stotterte Klärchen, " ...es ist....also ich hab....ähm, ja, wie soll ich das sagen? Es ist mir sooo peinlich." Tante Klärchen Gesicht rötete sich, beschämt blickte sie nach unten. "Ach, schaut selbst." Sie öffnete die Tür vom großen Esszimmer, alle traten ein und es herrschte peinliche Stille. Dann fing Königliche Hoheit Myjonda zu glucksen, KleineBlume hielt sich ein Blättchen vor den Mund, aber der Stängel zuckte schon, Extudor rieb sich die Augen, Lotti stand der Mund offen, Wuffi versuchte nicht los zu prusten und brachte nur ein tiefes Grollen hervor und die Indianerin hielt es nicht länger aus und brach in schallendes Gelächter aus. Nach und nach fielen alle in das Lachen ein. Wuffi lag lang auf dem Boden und bullerte mit den Pfoten auf den Boden, Blümchen hielt sich den Stängel, lies ein silberhelles Lachen ertönen, während Extudor und Lotti sich in den Armen lagen vor Lachen. Myjonda versuchte ihre köngliche Haltung zu bewahren, doch das Kichern stieg unaufhörlich in ihr auf, bis es zu einer waren Explosion kam, wobei ihr Diadem auf dem Kopf verruschte.
Tante Klärchen war derweil bis zu den Haarspitzen errötet, konnte aber sich angesichts dieses Lächters nicht länger an sich halten und stimmte lauthals mit ein. Tränchen rannten über ihr Gesicht und Indianerin reichte ihr schnell ein Tuch. "Ich kann nicht mehr...." prustete KleineBlume, "mir tut schon mein Stängel weh."
Extudor und Lotti brauchten sich nur anzublicken, um in neue Lachsalven auszubrechen. Indianerin wischte sich die Lachtränen ab, japste nach Luft und sagte:"Tante Klärchen, war das der Grund, den du uns zu erklären versuchtest?"
"Naja, es ist mir schon peinlich, aber was sollte ich tun?" und blickte auf den Tannenbaum, der mit Ostereiern, Osterhasen, Frühlingsblüten und anderen Osterdekorationen geschmückt ist. "Ich habe den Weihnachtsschmuck nicht gefunden! Überall habe ich gesucht, aber er war unauffindbar!" rechtfertigte sich Klärchen und blickte traurig drein. Wuffi saß da, blinzelte und meinte trocken: "So ein Gedöns ist doch eh überflüssig!"
"So eine Notlösung wäre mir nicht eingefallen", entgegnete Extudor und Lotti stimmte ihr zu. Indianerin blickte zur KleinenBlume. "Der arme Tannenbaum," seufzte Blümchen, "der schaut auch ganz traurig."
Myjonda nickte," Die Äste hängen irgendwie schon."
"Tante Klärchen", hub die Indianerin an,"wir können doch gemeinsam nach dem Weihnachtsschmuck suchen. Vor allem mit Wuffis Spürnase sollte der doch zu finden sein!"
"Ja, aber ihr könnt doch nicht auf dem Dachboden. Der ist voller Staub und Spinnweben, dafür seid ihr alle viel zu gut angezogen!"
"Ach, das macht doch nichts." entgegnete Myonda, "Die Idee ist spitzenmäßig. Also los! Wo müssen wir hin?"
"Ja, los, Klärchen! Zeig uns den Weg." kam von allen.
Ergeben zeigte Tante Klärchen im Flur auf eine steile Holztreppe, die auf den Dachboden führte. Entschlossen stiegen alle die knarrende Treppe nach oben, das Töpfchen mit dem Blümchen hatte die Indianerin sicherheitshalber auf den Arm genommen.
Oben auf dem Dachboden war es schummerig, überall lagen dicke Staubschichten und hingen Spinnweben. Davon lies sich keiner beeindrucken.
"So, Tante Klärchen, wo sollte der Baumschmuck denn sein?" fragte Wuffi, der einige Male heftig nieste und um dann die Spur aufnehmen zu können. "Ja, dort drüben in der Ecke, sollte er sein. Dort war nur der Spezial-Baumtopf, aber weiter nichts."
"Ist der Baumschmuck in einer Schachtel oder Karton?"
"Ja, ein Karton war es."
"Wie groß ist der Karton denn so ungefähr?" forschte Lotti nach.
"Hmmmm,...",machte Klärchen und zeigte mit den Armen die ungefähre Größe des Kartons. "Ah, nein! So groß, wie mein Hartschalenkoffer dort drüben."
Mit einem beherzten Griff holte Tante Klärchen den Koffer unter einer Plane hervor, schwang in durch die Luft, während es drinnen gefährlich schepperte und klapperte.
"Huch, was war das denn? Der Koffer ist ja so seltsam schwer!"
"Wenn du da auch immer Steine reinlegst," brummelte Wuffi.
Tante Klärchen machte sich dran, den Koffer zu öffnen, die KleineBlume drängelte sich vor, um besser sehen zu können, rollte über Wuffis Pfote, der quietschend winselte vor Schmerz. Selbst so eine kleine Blume hat Gewicht.
Klärchen öffnete die Schnallen und ließ mit einem "Klack" die Schlössen aufspringen. Gespannt standen alle drum herum, als sich der Deckel öffnete und der Karton mit dem Weihnachtsschmuck vor Klärchens Augen auftauchte.
"Ja, gibt es sowas? Da suche ich tagelang, überlege und grüble, und nun das.....", rief Tante Klärchen.
"Wieso sind die Weihnachtssachen im Koffer, Tante Klärchen?" fragte Myjonda.
"Ich glaube mich zu erinnern." erzählte Klärchen. "Anfang des Jahres war das Dach undicht geworden und da ich befürchtete, dass der alte Weihnachtsschmuck meiner Eltern Schaden nehmen könnte, wenn es durchregnet. Also, hab ich ihn dort hinein gepackt und das völlig vergessen!" Tante Klärchen war rot wie eine Tomate geworden.
"Das kann jedem passieren, Tante Klärchen. Aber nun lasst uns schnell ins Esszimmer und den Baum schnell richtig schmücken." rief Lotti.
Geschwindt machten sich alle ans Werk. Die KleineBlume half ganz unten die Osterdeko abzunehmen, Wuffi etwas darüber, Lotti und Indianerin ganz oben, während Extudor und Myjonda die herrlichen Weihnachtskugeln vorsichtig auspackten und zurreichten. In Nullkommanichts war der Baum mit wunderschönen, antiken Kugeln, Sternen, Glitzerbänder und Bienenwachskerzen geschmückt. "Nun geht es ihm besser!" vermeldete KleineBlume, die mit dem Tannenbaum" Blumisch" gesprochen hatte. "Mein schöner Tannenbaum, wird jedes Jahr aus dem Garten von einer Fachfirma vorsichtig ausgegraben, in Leinentuch eingebunden und in dem Spezialtopf getan. Aber noch niemals hatte er Ostereier dran, dass war auch das erste und letzte Mal." bekundete Klärchen, "Und nun lasst uns endlich feiern!"
Als der feine Bienenwachsduft durch das Zimmer zog, der Kamin wohlige Wärme verbreitete und sich alle endlich an den weihnachtlichen Tisch setzten, seufzte die KleineBlume: "Es ist so schön hier." und griff sich ein extra gutes Düngerstäbchen. Tante Klärchen goß Kaffee und englischen Tee auf, es roch herrlich nach selbstgebackenen Keksen, Lebkuchen und Mandarinen. Auf Teller lagen Dominosteine, Printen und Spekualtius, Tannenzweige rochen würzig, das Holz knisterte und krachte. Für Wuffis gab es einen dicken Fleischknochen, mit dem er sich wohlig vor den Kamin legte und daran knusperte.
Das Blümchen bekam einen erhöhten Platz, damit sie besser an all die Köstlichkeiten ran kommt.
Tante Klärchen legte eine alte Schallplatte auf das Grammophon, und unter Knistern und Rauschen wurde eine Weihnachtsgeschichte erzählt.
http://www.weihnachtsstadt.de/Geschichten/wahre_Geschichten/Die_Weihnachtsgans.htm
Vor Rührung tupften sich Lotti und Extudor die Augen ab. "Befreunde dich mit Essen nicht!", kam trocken von Wuffi. Als die KleineBlume vorschlug doch ein Weihnachtslied zu singen, kam von Wuffi nur ein unbehagliches Knurren. Das war ihm dann doch zuviel, aber ganz, ganz leise brummelte er "Schneeflöckchen, Weißröckchen" mit und das Blümchen warf ihm einen dankbaren Blick zu. KleineBlume, Indianerin, Lotti, Extudor, Myjonda und Tante Klärchen schmetterten voller Inbrunst das Lied, als draußen wirklich dicke Flocken vom Himmel fielen.
Alle standen am Fenster und schauten dem Treiben der Schneeflocken begeistert zu.
"Ihr Lieben, " hub Tante Klärchen an, "ihr seid mir so an´s Herz gewachsen und ich möchte euch nicht mehr missen." Sie ging in eine Ecke des Raumes und zog ein großes Tuch von einem Tischchen. Darunter kamen viele bunte Päckchen zum Vorschein.
"Deshalb möchte ich euch ein kleines Geschenk überreichen. Aber auspacken, dürft ihr erst Zuhause!"
Jeder bekam ein Päckchen, eingeschlagen in wunderschönem Geschenkpapier, mit Schleifen und einem kleinen Anhänger daran.
"Vielen Dank!" kam es vom Blümchen, die schwer an dem Päckchen zu schleppen hat und umarmte Tante Klärchen heftig mit den kleinen Blättchen. Neugierig wie das Blümchen nun mal ist, musste sie das Päckchen schütteln. Es kklapperte verdächtig.
Alle waren gerührt, dankten Tante Klärchen für das Geschenk und die Einladung. Alle wünschten sich gegenseitig frohe Weihnachten und alles Gute.
"Nun müsst ihr los! Es schneit immer heftiger und man kann die Hand vor Augen kaum sehen," verkündete Klärchen.
Dick eingemummelt machten sich alle auf den Heimweg mit ihren Geschenk im Arm.
Tante Klärchen stand in der Tür, winkte und rief laut "Fröhliche Weihnachten!" hinterher.
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(Post editiert am 30.12.2011 - 16:35) |